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Fast vergessene deutsche Wörter - zu schön zum Vergessen

8 Min.

Sprache ist ein Zeichen von Lebendigkeit. Sie ist dynamisch und spiegelt in ihren Ausdruckformen immer auch die aktuelle Gesellschaft wider. Daher ist Sprache naturgemäß auch einem ständigen Wandel unterworfen. Sie wird von kulturellen Entwicklungen beeinflusst. Oder passt sich gesellschaftlichen Veränderungen an. So kommt es auch, dass viele Wörter ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren und schließlich ganz aus der Mode kommen. Das finden wir traurig. Daher haben wir fast vergessene deutsche Wörter des Jahrzehnts für Sie zusammen gestellt. Wir meinen, sie sind allesamt zu schön zum Vergessen.

Bea Becher
Redakteurin Lifta GmbH

Unsere Top 20 der fast vergessenen deutschen Wörter

Hier kommen unsere ausgewählten Schätze des Sprachgebrauchs. Bei manchen liefern wir ein paar  Erklärungen dazu. Überlegen Sie mal, wann Sie zuletzt eines der nachfolgenden Wörter benutzt haben. Fast vergessen oder doch noch gebräuchlich? Wir sind gespannt auf Ihre Rückmeldung.
Fast vergessene deutsche Wörter - los geht's:

Amtsschimmel

Was naiv als schnelles weißes Pferd von Beamten verstehen werden kann, ist in Wahrheit das genaue Gegenteil. Trägheit ist hier eher Programm. Das Futter nimmt dieses Tier in der Kantine zu sich. Und sein Stall ist auf dem Amt mit festen Öffnungszeiten von 10-12 Uhr mittags. Kollegen sind übrigens die sogenannten Bürohengste.

Augenweide

Ein Weidenbaum, der seine schlanken Äste zu Boden neigt, war das romantische Vorbild: Eine Augenweide ist ein Anblick, der unsere Augen erfreut. Diese Wertschätzung für jede wohltuende schöne Gestalt oder Form machte schnell die Runde. Sie markiert bis heute visuell Wertvolles – ohne dabei auf die Schönheit im Einzelnen einzugehen.

Abkupfern

Kupferstecher waren die ersten Vorläufer unserer Kopiergeräte. Ihre Aufgabe war es, das Abbild eines zu kopierenden Gemäldes spiegelverkehrt in eine Kupferplatte zu ritzen. Originalgetreu – dieses handwerkliche Geschick geriet aber mit den Jahren sprachlich in Verruf: Ohne eigenen Aufwand einfach etwas kopieren und bewusst ein Plagiat anfertigen. So geschehen in diversen Doktorarbeiten öffentlicher Personen…

Bandsalat

Keine leichte Kost, sondern vielmehr das Ergebnis altertümlicher Magnetbandwiedergabe. Irgendwann leierte der Kassettenrekorder mit dem Lieblingshörspiel aus. Das Magnetband schlug wilde Wellen außerhalb– und manchmal auch innerhalb des Abspielgerätes. Also zückte man den Bleistift, steckte ihn in eins der Löcher der Kassette, drehte das Band wieder auf und sorgte damit für Ordnung in der Kassette.

Bauchpinseln

Alte Schreibmaschine mit leerem Papier

Bauchpinseln beschreibt sinngemäß das Bauchstreicheln von Hund oder Katze, die sich als Zeichen des Vertrauens auf den Rücken legen. Wollen wir nett zu unseren Mitmenschen sein, sollten wir das Streicheln des Bauches allerdings vermeiden. Es reicht, wenn man seinem Gesprächspartner ein nettes Kompliment macht. Vielleicht nicht gerade auf den Bauch bezogen…

blümerant

Kommt vom Französischen bleu-mourant und heißt wörtlich sterbendes Blau. Fielen Damen in zu eng geschnürten Korsetts früher in Ohnmacht, so wurde ihnen bleu-mourant vor Augen. Eingedeutscht nennt man das jetzt blümerant

Dreikäsehoch

Kann man wörtlich nehmen, muss man aber nicht: Dieser junge Mensch muss erst noch wachsen, um die Körpergröße und das Verständnis für diesen lustigen Begriff zu bekommen: Früher war ein Dreikäsehoch ein Kind, das sich für ein zartes Alter von drei bis sechs Jahren zu sehr aufspielte.

Fisimatenten

Dieses Wort hat eine spannende Herkunft: Während der französischen Besatzung luden französische Soldaten gerne deutsche Mädchen mit den Worten: Visitez ma tente! also: Besuchen Sie mein Zelt! ein. Gestrenge Eltern formulierten daraus eine Ermahnung: Aber keine visitez-ma-tente! Das klang mit deutschem Akzent schnell wie „keine Fisimatenten“. Was so viel heißt wie keinen Blödsinn zu machen. Sprachwissenschaftler zweifeln übrigens an diesem Erklärungsversuch.

Gabelfrühstück

Das elegante Gabelfrühstück ist ein reichhaltiges zweites Frühstück.  Es wird am späten Vormittag zwischen 11 und 13 Uhr bei besonderen Anlässen eingenommen. Dabei werden pikante kalte oder warme Speisen mit alkoholischen Getränken serviert. Heute nennt man das mehrgängige Vergnügen neudeutsch Brunch

Hagestolz

Der kauzige Junggeselle setzt sich zusammen aus althochdeutsch Hag „kleines, umfriedetes Gut“ und -stalt „besitzend“. Da immer nur der älteste Sohn das Erbgut bekam, wurden die jüngeren Söhne mit Nebengütern bedacht. Diese waren oft so klein, dass man mit ihnen keine Familie ernähren konnte. Der Besitzer eines solchen Gutes musste also unverheiratet bleiben. Heute sagt man wohl am ehesten überzeugter Single dazu.

Haderlump

Ein Lump ist ein einfach mieser Typ, ein Halunke. Ein Haderlump ist die Steigerung: Hader bedeutet soviel wie Streit. Zusammen ergibt das die Bezeichnung für einen Herumtreiber oder Taugenichts. Zeitgemäßer bezeichnet man solche Exemplare als Vollpfosten. Dieses einschlagende Wort ist offiziell anerkannt und steht mittlerweile sogar im Duden.

honnet

Offenes altes Buch

Was sich hier so freundlich anhört, ist es auch. Honett bezeichnet ganz brav die Eigenschaften rechtschaffen, ehrenhaft und anständig. Leider sagt das niemand mehr. Daher ist dieses Wort nicht nur vom Vergessen, sondern ganz akut vom Aussterben bedroht.

kommod

Denkt man bei diesem Wort an das Möbelstück, liegt man gar nicht so falsch. Kommod bezeichnet etwas Heimeliges, Bequemes, schlicht etwas Gemütliches. Kommod beschreibt gerne auch einen Gefühlszustand: Du hast es aber kommod.

Mumpitz

Ursprünglich bezeichnet Mumpitz eine Schrecken verbreitende Gestalt. Der Ursprung des Wortes liegt zu einem Teil in vermummen – also zur Unkenntlichkeit verkleiden. Der andere Teil des Wortes -pitz hat sich aus Butzemann entwickelt. Das ist eine folkloristische Figur zur Einschüchterung von Kindern. Also bezeichnet Mumpitz einen Schrecken, der nicht sofort als solcher zu erkennen ist. Mumpitz wurde eine Zeitlang für Gerüchte verwendet, die Schrecken verbreiten sollten. Heute ist Mumpitz eher ein humorvoller Kommentar zu etwas, was offensichtlich auf Firlefanz beruht. Womit wir gleich beim nächsten fast vergessenen Wort wären: Firlefanz ist albernes Gehabe oder unnötiges Zeugs.

piesacken

Hier piekst etwas – das Wort klingt schon wie etwas Fieses, Gemeines und Schmerzhaftes. Heute würde man eher triezen oder ärgern dazu sagen.

Splitterfasernackt

Wenn jemand besonders nackt ist, dann besteht die Bezeichnung dafür aus zwei zusätzlichen Komponenten zum Nacktsein: Splitter wie ein abgezogener Splitter vom Baumstamm und Faser wie die Faser vom Pulli. Nackter geht’s einfach nicht und daher sollten wir dieses schöne Wort nicht vergessen!

Springinsfeld

Laut Duden ist ein Springinsfeld ein unerfahrener, unreifer junger Mensch von unbekümmerter Wesensart. Dabei war „Ich springe ins Feld“ ursprünglich der Spitzname von Landsknechten, Handwerksburschen und dergleichen. Inzwischen ist damit eher ein Grünschnabel gemeint.

Schwerenöter

Der Schwerenöter ist ein Mann, der durch seinen Charme und eine gewisse Durchtriebenheit Eindruck macht.  Und es damit versteht, sich etwas zu verschaffen. Gerne spricht er dem Alkohol und den Frauen zu sehr zu und hat daher immer auch einen gewissen Ruf weg.

Saumselig

Hört sich an, als ob jemand verträumt auf den Saum von Kleidungsstücken starrt. Und doch stammt das -selig in diesem Adjektiv von einem auf -sal endenden Wort. Das hat in den meisten Fällen eine negative Bedeutung. Aus dem Mittelhochdeutschen sümesal (Versäumnis) entwickelte sich das Adjektiv saumselig. Heute kennt man versäumen als Verb. Saumselig sind solche Charaktereigenschaften, die man sich besser abgewöhnen sollte: Ein saumseliger Mensch ist nachlässig und träge. Er hängt Tagträumen nach und kommt seinen Pflichten nicht nach.

Vettel

Eine Vettel ist eine ungepflegte, schlampige ältere Frau mit verdorbenem Charakter. Also kein besonders erstrebenswerter Zustand.

Das ist nur eine kleine fast vergessene deutsche Wörter-Auswahl! Wenn Sie Lust auf mehr bekommen haben, finden Sie hier weitere seltene Exemplare aus dem Wortschatz.
Man kann all diese herrlichen Wörter auch in unserem Buchtipp von Bodo Mrozek nachschlagen. Er sammelt in seinem Lexikon der bedrohten Wörter all jene Wörter, die lustig altmodisch und damit manchmal auch merkwürdig klingen. Ein herrlicher Lesespaß, wie wir meinen.


Und? Wann haben Sie einen der genannten Ausdrücke zuletzt benutzt? Haben Sie auch einen liebsten altmodischen Begriff? Wir freuen uns über ihre sprachlichen Altertümchen. Hinterlassen Sie uns gerne Ihr Lieblingswort in einem Kommentar! Herzlichen Dank.

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